Im Interview: Die Wissenschaftssprecher/innen der Parlamentsparteien – „20 Jahre Fachhochschulen in Österreich“

Eine Ausweitung der tertiären Ausbildung in Richtung auf Berufsvorbereitung hin sowie – seit ihren Anfängen – eine Ausweitung der betroffenen Fachgebiete, die noch weitergehen sollte. Das FH-System ist insgesamt größtenteils stimmig. Alle Zahlen belegen seinen Erfolg: hohe Abschlussquoten, gute Berufsaussichten der Absolventen, kurze Studienzeiten usw. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach Studienplätzen, wobei die Fachhochschulen gegenüber den Universitäten den Vorteil haben, ihre Plätze nach ihren Kapazitäten zu vergeben und ihre Finanzlage mit Hilfe von Studienbeiträgen zu verbessern. Gleichwohl ist die soziale Ausgewogenheit in der Herkunft ihrer Studierenden höher als bei den Universitäten.

FH decken den Bedarf tertiärer Berufsausbildung und anwendungsorientierter Forschung ab, allerdings unvollständig. Daher muss sowohl die Zahl ihrer Studienplätze als auch die Finanzierung ihrer Forschung erhöht werden. Nicht überall ist die Qualität der Ausbildung unanfechtbar, bisweilen ist die Verschulung sehr stark.

Der tertiäre Bildungssektor soll das abdecken, wofür es forschungsgestützte Lehre braucht. Eine Vollakademisierung der Berufsausbildung erscheint mir nicht wünschenswert. Der anwendungsnahe Sektor soll auch quantitativ wachsen, der universitäre vor allem qualitativ.

Die Fachhochschulen haben gegenüber den Universitäten eine wesentlich bessere soziale Durchmischung. Sie schaffen es offenbar durch ihre Anwendungsorientierung, die klare Struktur des Studiums und das berufsbegleitende Angebot, Personen anzusprechen, die an einer Universität seltener ein Studium aufnehmen.

Für die Qualität von Wissenschaft und Forschung ist die Erreichung einer kritischen Masse an einem Institut oder Department zentral, für regionale Standorte gestaltet sich diese Anforderung als schwierig. Auch manche Studiengänge weisen Defizite auf, was die wissenschaftliche Einbettung betrifft, hier gilt es nachzubessern.

Eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre ist aus meiner Sicht die Harmonisierung der verschiedenen Hochschultypen, eine weitere Zersplitterung muss jedenfalls verhindert werden. Ich würde dafür plädieren, nur einen Typ Hochschule, dafür mit innerer Differenzierung, zu schaffen. Studierende hätten dann die Möglichkeit, während des Studiums zwischen wissenschafts- und anwendungsorientierter Bildung zu wählen, ohne sich gleich zu Beginn des Studiums entscheiden zu müssen.

Das FH-System hat in Österreich zur Anhebung der Akademikerquote beigetragen und bietet den Studierenden eine attraktive Alternative zur Universität. Mittlerweile wird es von allen Stakeholdern, vor allem von Seiten der Wirtschaft, hoch geschätzt. Das Image der Fachhochschule hat sich in all den Jahren extrem gewandelt. Die Fachhochschulen sind ein Beleg dafür, dass Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen keine soziale Selektion bedeuten und sie zur Qualitätssteigerung der Lehre beitragen. Das FH-System ist zeit- und kosteneffizient und sehr praxisorientiert. Außerdem dienen FH als Innovation Leader in ihren Regionalbereichen und sind international gut vernetzt. Fachhochschulen sind Vorbilder hinsichtlich Effizienz aufgrund geringer Drop-out-Quote, Produktivität, Marktnähe und Studiendauer. Sie sind Vorreiter in Sachen Qualitätsmanagement und Qualitätskontrolle. FH übernehmen einen wichtigen Part als Zentren für Wissenstransfer in der Region und decken durch spezialisierte Ausbildung die Nachfrage der dort ansässigen Unternehmen ab. Dieser Weg sollte weiterverfolgt werden, unter anderem durch einen Ausbau der Fachhochschulplätze.

Ein Defizit ist sicherlich die oft zu starke Orientierung auf gewisse Fachbereiche (vor allem im Bereich der technischen und wirtschaftlichen Studienrichtungen), hier sollte das Angebot der Fachhochschulen ausgebaut werden. Ein Mangel ist auch die schwierige Anrechnung zwischen Universitäten und Fachhochschulen, hier müssen bessere Regelungen gefunden werden. Auch ist die Zulassungsquote zu gering, hier kann mit einem Ausbau der Fachhochschulplätze entgegengewirkt werden.

Der tertiäre Bildungsbereich muss in Österreich deutlich ausgebaut und das bereits ausgegebene Ziel, 2 % des BIP in den tertiären Bildungsbereich zu investieren, muss erreicht werden. Unsere Vision ist ein einziges Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen, inklusive Pädagogische Hochschulen. Die Frage, ob Studiengebühren eingehoben werden oder Hochschulen Zugangsbeschränkungen einführen, wird der jeweiligen Hochschule überlassen. Unis und FH leisten einen wichtigen Wissenstransfer zur Gesellschaft und entsprechen der kontinuierlich wachsenden Nachfrage mit kreativen Formen der Vermittlung. Sie stärken die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und tragen zur Entwicklung des Wohlstands bei. Ziel ist es auch, dass Österreichs Hochschulen sich international gut platzieren und dabei differenzierte Profile entwickeln, die sich in ein Gesamtkonzept eingliedern. An den Hochschulen werden innovative und international angesehene Spitzenleistungen erbracht – in Lehre und Forschung. Erfolgreiche ForscherInnen bleiben in Österreich und im globalen Wettbewerb um die besten ForscherInnen ist Österreich überdurchschnittlich erfolgreich.