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Über das Image von Tourismusdestinationen und Stereotypen im Servicepersonal – EMAC 2025

18. Juni 2025

Wie Mikroblog-Daten über das Image von Tourismusdestinationen Aufschluss geben und warum im Ausland arbeitende Landsleute im Service kritisch betrachtet werden, stellten Forschende der FHWien der WKW auf der EMAC 2025 vor.

Vom 27. bis 30. Mai 2025 fand die renommierte EMAC Annual Conference in Madrid statt – mit rund 1.300 internationalen TeilnehmerInnen eine der wichtigsten wissenschaftlichen Konferenzen im Bereich Marketing. Die FHWien der WKW war mit gleich zwei Beiträgen für den Studienbereich Marketing & Sales Management vertreten: Ilona Pezenka präsentierte aktuelle Forschungsergebnisse zur datenbasierten Analyse von Tourismusdestinationen und David Bourdin zum Spannungsfeld zwischen kulturellen und sozialen Stereotypen gegenüber migrantischem Servicepersonal im Ausland.

Wie Mikroblog-Daten Destinationen neu sichtbar machen

Der von Ilona Pezenka präsentierte Beitrag „Decoding Destination Image and Performance: Insights from Microblog Metrics“ zeigt, wie sich moderne Text-Mining-Methoden nutzen lassen, um das Image von Destinationen anhand von Beiträgen auf der Plattform X (ehemals Twitter) zu analysieren. Anhand von über 88.000 Posts zu brasilianischen Küstenorten wurde untersucht, wie 14 verschiedene Tourismusformen – etwa Kultur-, Stadt-, Sport- oder Gesundheitstourismus – in der öffentlichen Wahrnehmung positioniert sind.

Mithilfe eines Importance-Performance-Analysemodells (IPA) wurde nicht nur festgestellt, welche Tourismusarten häufig genannt werden (Wichtigkeit), sondern auch, wie positiv oder negativ über sie gesprochen wird (Leistung). Die Methode ermöglicht Echtzeit-Daten zu verarbeiten und bietet im Vergleich zu Befragungen authentische und unverfälschte Einblicke. Die Analyse basiert auf den einheitlichen Tourismus-Kategorien der UNWTO und ermöglicht somit Benchmarking. Es wurde sowohl die Häufigkeit als auch die Tonalität der Begriffe analysiert – für ein ganzheitliches Bild des Destinationsimages. Für Städte wie Florianópolis oder Rio de Janeiro lassen sich so gezielte strategische Empfehlungen ableiten:

  • Welche Tourismusarten sind bereits stark etabliert und positiv konnotiert?
  • Wo gibt es Potenzial für Verbesserungen?
Das Importance-Performance-Modell (IPA) ist ein bewährtes Instrument zur Bewertung und Priorisierung von Stärken und Schwächen. Das Modell vergleicht zwei Dimensionen: Wie wichtig ist ein bestimmtes Kriterium und wie gut schneidet das Untersuchungsobjekt in diesem Kriterium tatsächlich ab. Die Werte werden in einer zweidimensionalen Matrix visualisiert:

  • Quadrant I: Keep Up the Good Work (hohe Wichtigkeit, hohe Leistung)
  • Quadrant II: Concentrate Here (hohe Wichtigkeit, geringe Leistung)
  • Quadrant III: Low Priority (geringe Wichtigkeit, geringe Leistung)
  • Quadrant IV: Possible Overkill (geringe Wichtigkeit, hohe Leistung)

Diese Methodik ist dabei weltweit einsetzbar und unterstützt Destinationen dabei, ihr Markenprofil zu schärfen und Marketingmaßnahmen wirkungsvoll auszurichten.

Warum TouristInnen Landsleute als Servicekräfte im Ausland kritischer sehen

Kulturell vertraut, aber sozial abgewertet – David Bourdin präsentierte die Studie „The Conflict Between Social Distance and Cultural Proximity in Service Encounters with Compatriot Migrant Employees While on Vacation Abroad“, die in Zusammenarbeit mit Ana María Garcés Vidal (Alumna der IMC Hochschule für Angewandte Wissenschaften Krems) entstand.

Die Forschenden untersuchten, wie TouristInnen auf Servicepersonal mit lokalem (amerikanischem) vs. nicht-lokalem (mexikanischem) Akzent reagieren. Dabei wurde auch gemessen, ob sich diese Reaktionen durch die Art des Service, die persönliche kulturelle Offenheit oder das Herkunftsland der TouristInnen verändern.

In einem Online-Experiment mit 247 Teilnehmenden aus Österreich und Mexiko hörten die ProbandInnen kurze Audioszenarien aus drei Settings: Hotel, Airline-Hotline und mexikanisches Restaurant – jeweils mit einer Stimme, die entweder amerikanisches oder mexikanisches Englisch sprach. Die Untersuchung lieferte folgende Ergebnisse:

  • Mexikanische TouristInnen hatten negativere Vorurteile (im Hinblick auf Eigenschaften wie Kompetenz, Sympathie und Energie) gegen MitarbeiterInnen mit mexikanischem Akzent in den USA als österreichische TouristInnen. Diese negativen Stereotype waren offenbar sozial begründet – nicht kulturell: Es scheint, als würden gebildete, reisefreudige MexikanerInnen auf im Ausland arbeitende Landsleute in niedrigeren Serviceberufen herabblicken.
  • Jedoch beeinflussten diese Vorurteile nicht unbedingt die Erwartungen an die Servicequalität. Ein mexikanischer Kellner im Ausland beispielsweise kann also für MexikanerInnen „weniger kompetent“ wirken, aber dennoch erwartet man guten Service, weil davon ausgegangen wird, dass er sich aufgrund der gemeinsamen Herkunft umso mehr bemüht.
  • Außerdem kann ein Akzent, der in neutralen Servicekontexten wie Hotels oder Airlines häufig negativ bewertet wird, im passenden Rahmen sogar zum Vorteil werden. Besteht eine kulturelle Kongruenz zwischen der Dienstleistung und dem Akzent – etwa ein mexikanischer Akzent in einem mexikanischen Restaurant – verstärkt dies die Wahrnehmung von Authentizität.
  • Kulturelle Offenheit spielt eine Rolle, aber nicht immer wie erwartet. ÖsterreicherInnen mit niedriger kultureller Offenheit urteilten strenger über fremde Akzente. Bei mexikanischen TouristInnen hingegen zeigt sich ein paradoxes Muster: Je höher ihre kulturelle Offenheit, desto kritischer bewerten sie Landsleute mit mexikanischem Akzent. Offenbar wird in diesem touristischen Kontext ein amerikanischer Akzent als passender zur erwarteten „authentischen“ Urlaubserfahrung in den USA wahrgenommen – selbst von Reisenden, die ursprünglich aus Mexiko stammen und sich selbst als weltoffen betrachten.

Mehr zur Forschung im Studienbereich Marketing & Sales Management der FHWien der WKW >> hier