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Globale Steuerpolitik kann Produktionsverlagerungen von Konzernen eindämmen

1. Juni 2023

Clemens Löffler, Senior Researcher der FHWien der WKW, untersuchte gemeinsam mit Michael Kopel von der Universität Graz die Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen nationalen Besteuerungen, unternehmensinternen Verrechnungspreissystemen und der Standortwahl multinationaler Konzerne.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine umfassende Organisationsgestaltung, die sowohl die Steuer- als auch die Standortstrategie eines Konzerns berücksichtigt, die vollständige Abwanderung der Produktion in Niedrigsteuerländer unattraktiv machen kann. Vielmehr liegt der Fokus auf der Abwanderung der „richtigen“ Produktionseinheiten aus Unternehmenssicht.

Steuerminimierung als gelebte Praxis

Der im International Journal of Production Economics erschienene Artikel analysiert ein Entscheidungsmodell, das den Einfluss unterschiedlicher nationaler Unternehmenssteuersätze auf die Standortwahl und die Ausgestaltung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (Verrechnungspreise) multinationaler Unternehmen untersucht. Es ist eine weit verbreitete Praxis, dass Unternehmen ihre Produktionsstätten in Staaten mit niedrigen Steuersätzen verlagern, um Steuern zu sparen.

Frühere Studien haben dies am Beispiel von Nike oder Nokia gezeigt, die ihre gesamte Produktion ins Ausland verlagert haben. Andere Konzerne wie Toyota oder Intel verfolgen eine Standortpolitik, bei der nur ein Teil der Produktion ins steuergünstige Ausland verlagert wird, während die restliche Produktion in der Stammregion verbleibt. Die Beweggründe von Unternehmen, die gesamte Produktion oder nur Teile davon zu verlagern, sind dabei über einen reinen Vergleich der Steuervorteile oft nicht erklärbar.

Der Artikel zeigt, dass ein komplexes Geflecht aus internen Transaktionen und Verrechnungspreisen Konzernen in Kombination mit einer optimierten Standortpolitik hilft, ihre Steuerzahlungen zu minimieren. Eine steueroptimale Organisationsgestaltung wird nicht immer dadurch erreicht, dass mehr, sondern die aus Konzernsicht richtigen Produktionsstätten in Niedriglohnländer verlagert werden. Exzessive Verlagerung erschwert die Koordination der einzelnen Unternehmensbereiche und führt so zu Zielkonflikten, die sich negativ auf das Konzernergebnis und die Steuerersparnis auswirken.

Nationale Steuern und internationale Richtlinien greifen zu kurz

Auch wenn nationale und internationale Verrechnungspreisrichtlinien (z.B. der OECD) eine Steuerflucht in Niedrigsteuerländer verhindern sollen, gibt es in der Praxis für produzierende Konzerne eine Vielzahl von Möglichkeiten, ihre Standortpolitik im Sinne einer Steuerminimierung zu optimieren.

Die Analyse zeigt, dass die Verlagerung der kompletten Produktion in Niedriglohnländer eher dann sinnvoll ist, wenn die Unterschiede in den nationalen Steuersätzen und die erlaubten Aufschläge auf transnationale Verrechnungspreise gering sind. In diesem Fall werden Steuervorteile über die schiere Menge der Transaktionen erzielt. Große Unterschiede in den nationalen Steuersätzen und hohe Aufschläge auf transnationale Verrechnungspreise dagegen führen tendenziell dazu, nur ausgewählte Produktionsstätten zu verlagern, um Gewinne in Niedrigsteuerländer zu transferieren. Denn, so Clemens Löffler, „stimmt für die Konzerne die Qualität der Steuerersparnis, ist die Quantität nicht mehr so entscheidend.“ Angesichts des breiten Menüs anwendbarer internationaler Verrechnungspreismodelle können Unternehmen die für sie geeignete Variante auswählen. Daher sollten steuerliche Regelungen nicht an einzelnen Transaktionen ansetzen, sondern die Steuer- und Standortstrategie eines Konzerns insgesamt erfassen.